Wann gilt ein Wohnungskäufer als „werdender Wohnungseigentümer“?

Wenn eine Anlage mit Eigentumswohnungen gebaut wird, entsteht eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) – und zwar Schritt für Schritt. Mit jeder verkauften Wohnung kommen Eigentümer dazu. Schon in dieser Phase finden durchaus Eigentümerversammlungen statt. Die Frage ist, wer ab wann Stimmrecht hat – der Bundesgerichtshof hat dazu ein wichtiges Urteil gefällt.

Wenn eine Anlage mit Eigentumswohnungen gebaut wird, entsteht eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) – und zwar Schritt für Schritt. Mit jeder verkauften Wohnung kommen Eigentümer dazu. Schon in dieser Phase finden durchaus Eigentümerversammlungen statt. Die Frage ist, wer ab wann Stimmrecht hat – der Bundesgerichtshof hat dazu ein wichtiges Urteil gefällt.

Karlsruhe. Wer vom teilenden Eigentümer eine Eigentumswohnung erwirbt, erlangt durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung ins Grundbuch und die Übergabe der Wohnung den Status als „werdender Wohnungseigentümer“. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu diesem Zeitpunkt schon entstanden ist, weil bereits eine andere Wohnung verkauft worden und ein entsprechender Grundbucheintrag vorgenommen worden ist. Es ist nicht von Bedeutung, ob der Ersterwerb während der Vermarktungsphase oder erst später erfolgt. Auch ob der Erstaufteiler ein Bauträger ist oder ein anderer Aufteiler, spielt keine Rolle.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urteil vom 14.2.2020, Az.: V ZR 159/19). Er klärte damit den Streit in einer werdenden WEG in Berlin. Dort hatte eine Käuferin vom Erstaufteiler zwei bereits fertige und vier noch zu bauende Wohnungen gekauft. Sie war damit allerdings die Zweitschnellste: Zuvor hatte bereits eine andere Käuferin Wohneigentum in der Anlage erworben und war auch ins Grundbuch eingetragen worden. Kurz nachdem der Kaufvertrag mit der zweiten Käuferin unter Dach und Fach war, wurde für Letztere eine Auflassungsvormerkung für die bereits fertigen Wohnungen ins Grundbuch eingetragen und die Wohnungen an sie übergeben.

Zweiterwerber wurde von Eigentümerversammlung ausgeschlossen

Der Geschäftsführer der zweiten Käuferin nahm dann auch an den ersten drei Eigentümerversammlungen der jungen WEG teil und wurde sogar in den Verwaltungsbeirat gewählt. Bei der vierten Eigentümerversammlung schloss der Verwalter ihn dann jedoch von der Versammlung aus. Begründung: Die Eintragung der zweiten Eigentümerin ins Grundbuch war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt. Damit sei keine Stimmberechtigung gegeben. Dabei ging der Verwalter davon aus, dass die WEG durch die Eintragung der anderen Erwerberin ins Grundbuch zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden war und mithin keine neuen „werdenden Wohnungseigentümer“ denkbar wären.

Tatsächlich hatte der Bundesgerichtshof den Status des werdenden Wohnungseigentümers bisher nur für den Fall definiert, dass ein Zweiterwerber den Kaufvertrag vor der Grundbucheintragung des Ersterwerbers geschlossen hat, aber erst nachher seine Auflassungsvormerkung erhalten hat. Die Sache landete vor Gericht, weil eine andere Eigentümerin gegen einen auf der Versammlung gefassten Beschluss vorging.

Diese Anfechtung des Beschlusses war am Ende auch erfolgreich: Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte alle Beschlüsse der fraglichen Versammlung für null und nichtig, weil der Geschäftsführer der noch nicht im Grundbuch eingetragenen Eigentümerin zu Unrecht von der Versammlung ausgeschlossen worden sei.

Werdende Wohnungseigentümer haben Stimmrecht

Ob die Beschlüsse auch unter dessen Mitwirkung zustande gekommen wären, ist unerheblich. Auch welcher der Miteigentümer einen Beschluss aus der fraglichen Versammlung angefochten hat, ist egal. Die Bundesrichter entschieden: Wer vom Erstaufteiler eine Wohnung in einer neuen WEG erwirbt, ist als werdender Wohnungseigentümer anzusehen, sobald für ihn nach notariellem Kaufvertragsabschluss eine Auflassungsvormerkung eingetragen und die Wohnung übergeben worden ist. Auch ein solcher werdender Eigentümer – der also noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist – hat Stimmrecht in der Eigentümerversammlung.

Die Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema ist deswegen so bedeutsam, weil es bislang keine klare gesetzliche Regelung für den Status der werdenden WEG gibt. Das Konzept der werdenden WEG hat vielmehr der Bundesgerichtshof mit seiner Rechtsauslegung geschaffen. Das soll mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes aufgegriffen werden: Es ist geplant, im neuen Gesetz die werdende WEG als feste Größe zu verankern. Endgültig beschlossen ist die Reform allerdings wegen zahlreicher noch ungelöster Streitpunkte bislang nicht.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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