Haus mit gewerblichen Mietern: Größere Umbaumaßnahmen unzumutbar?

Wer ein Gebäude mit gemischter Nutzung vermietet, kann leicht vor dem Problem stehen: Im Erdgeschoss wechselt der Ladenmieter, in einer weiter oben gelegenen Etage läuft der Mietvertrag eines Büros noch für ein paar Jahre. Für den Neubezug muss unten umgebaut werden – aber Vorsicht: Bei zu umfangreichen Belästigungen kann der Büro-Mieter unter Umständen einen Baustopp durchsetzen.

Wer ein Gebäude mit gemischter Nutzung vermietet, kann leicht vor dem Problem stehen: Im Erdgeschoss wechselt der Ladenmieter, in einer weiter oben gelegenen Etage läuft der Mietvertrag eines Büros noch für ein paar Jahre. Für den Neubezug muss unten umgebaut werden – aber Vorsicht: Bei zu umfangreichen Belästigungen kann der Büro-Mieter unter Umständen einen Baustopp durchsetzen.

Frankfurt/Main. Wer gewerbliche Räume befristet vermietet, kann in seinem Gebäude unter Umständen keine groß angelegten Umbauarbeiten durchführen. Wenn solche Arbeiten den Geschäftsbetrieb eines Mieters zu stark beeinträchtigen, kann dieser nämlich einen Baustopp durchsetzen – und zwar bis zum Ende der Vertragslaufzeit des Mietvertrages. Das hat jetzt zumindest das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden (Urteil vom 12.03.2019, Az.: 2 U 3/19).

Der konkrete Fall spielte sich in einem Gebäude im Frankfurter Westend ab. Im vierten Stock hatte sich eine Rechtsanwaltskanzlei eingemietet – der Mietvertrag ist befristet und läuft bis zum 31.12.2023. Im Jahr 2018 bekam das Haus neue Eigentümer. Diese wollten das Gebäude für eine Filiale ihrer Bank nutzen. Der Versuch, das Mietverhältnis mit der Kanzlei vorzeitig zu beenden, blieb allerdings erfolglos. Die Anwälte bestanden darauf, die Räume bis zum Ende der Vertragslaufzeit zu nutzen. Eine Abstandszahlung lehnten die Mieter ab.

Die Neueigentümer des Hauses wiesen die Anwaltskanzlei mehrmals darauf hin, dass sie großangelegte Umbau- und Sanierungsarbeiten am Haus planten. Das schreckte die Anwälte ebenfalls nicht ab. Im November 2018 begannen die Bauarbeiten. Dabei wurden die unter der Kanzlei gelegenen Etagen entkernt, wobei man nicht nur die Fußböden entfernte, sondern auch Innenwände abriss. Wegen der erheblichen Belastung durch Lärm, Dreck und Erschütterungen zogen die Anwälte gegen die neuen Hausbesitzer vor Gericht.

Baulärm beeinträchtigt Büroarbeit: Anwaltskanzlei fordert Baustopp

Die Kanzlei beantragte eine einstweilige Verfügung zur sofortigen Einstellung der Bauarbeiten. Und das mit Erfolg: Das Landgericht erließ eine entsprechende Verfügung und das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte den Vorgang. Die Bauarbeiten müssen damit bis Ende 2023 ruhen. Die Gerichte sahen in den massiven Bauarbeiten eine rechtswidrige Beeinträchtigung der Kanzlei in ihrem mietvertraglichen Besitzrecht. Die Vermieter müssten der Kanzlei bis zum Vertragsende des Mietvertrages Ende Dezember 2023 den vertragsgemäßen Gebrauch der Räume ermöglichen.

Als Nutzungszweck war im Mietvertrag der Betrieb einer Anwaltskanzlei mit Notariat vereinbart worden. Für eine solche geistige Tätigkeit muss die Möglichkeit zu ungestörtem Arbeiten gegeben sein, befanden die Gerichte. Daher seien „Störungen dieses vertragsgemäßen Gebrauchs, insbesondere durch Lärm, Erschütterungen, Staub, Verschmutzungen oder sonstige Immissionen grundsätzlich zu unterlassen und zugleich solche Störungen durch Dritte abzuwehren“, wie das Oberlandesgericht in seinem Urteil schreibt.

Entkernung bei laufendem Bürobetrieb ist unzumutbar

Ein Abriss sämtlicher Zwischenwände auf allen Etagen ist damit nach Ansicht der Richter nicht vereinbar. Die dadurch entstehenden Beeinträchtigungen für die Kanzlei seien unzumutbar. Auch außerhalb gewöhnlicher Bürozeiten oder am Wochenende müssten die Mieter die Arbeiten nicht dulden, schreibt das OLG: Schließlich komme es vor, dass Anwälte auch spät abends oder an Wochenenden noch arbeiteten. Dagegen hielten die Gerichte einen Baustopp für die Eigentümer für zumutbar.

Die in diesem konkreten Fall vorgenommenen Umbaumaßnahmen stuften die Gerichte nicht als Renovierungsarbeiten ein, mit denen im Rahmen eines Mieterwechsels zu rechnen wäre. Auch eine Modernisierung oder Verbesserung, wie sie laut dem vorliegenden Mietvertrag zu dulden gewesen wäre, erkannten die Richter hier nicht. Denn: Der Umbau passiere im Interesse einer anderen Nutzung, der Kanzlei entstünde dadurch aber keine Erhöhung ihres Gebrauchswertes.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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