Dürfen Nießbraucher gegen Beschluss der Eigentümerversammlung klagen?

Es ist eine beliebte Methode für die Übergabe einer Immobilie an die nächste Generation: Die Eltern schenken den Kindern das Objekt und sichern sich selbst den Nießbrauch bis ans Lebensende. Gerade bei einer Eigentumswohnung ist es danach wichtig auseinander zu halten, wem welche Rechte und Pflichten zukommen. Wer darf etwa gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung klagen?

Vorsicht, Justizias Uhr tickt: Klagt ein Nießbraucher gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung, muss er eine strenge Frist beachten.

Es ist eine beliebte Methode für die Übergabe einer Immobilie an die nächste Generation: Die Eltern schenken den Kindern das Objekt und sichern sich selbst den Nießbrauch bis ans Lebensende. Gerade bei einer Eigentumswohnung ist es danach wichtig auseinander zu halten, wem welche Rechte und Pflichten zukommen. Wer darf etwa gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung klagen?

Karlsruhe. Der Nießbraucher einer Eigentumswohnung darf nicht gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung Klage einreichen. Dieses Recht steht nur dem Wohnungseigentümer zu. Der Eigentümer kann den Nießbraucher allerdings mit einer Vollmacht dazu ermächtigen, eine Anfechtungsklage zu erheben. Doch Vorsicht: Der klagende Nießbraucher muss die Ermächtigung innerhalb der einmonatigen Klagefrist vorlegen. Sonst gilt die Klage als unbegründet.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall aus Nordrhein-Westfalen entschieden (Urteil vom 27.11.2020, Az.: V ZR 71/20). Er bestätigte damit die Urteile vom Amtsgericht Moers und vom Landgericht Düsseldorf in einem Rechtsstreit am Niederrhein. In dem Fall ging es um eine Eigentumswohnung, die im Jahr 2001 von ihren Eigentümern an deren Tochter übertragen worden war. Dabei sicherten sich die Eltern den Nießbrauch an der Wohnung.

Nießbraucher klagten gegen Beschluss der Eigentümerversammlung

Die Tochter stellte den Eltern eine Vollmacht aus, wonach die Eltern als Prozessstandschafter im Namen der Eigentümerin Klagen erheben dürfen. Das Dokument kam sieben Jahre später wirklich zum Tragen. Im Jahr 2018 hatte die Eigentümerversammlung nämlich mehrheitlich beschlossen, eine Firma mit der Pflege der Außenbereiche der Wohnanlage zu betrauen. Den Nießbrauchern passte das nicht, sie reichten eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss ein.

Das war im Juli 2018. Erst im September informierten sie das Amtsgericht Moers darüber, dass sie selbst nicht mehr die Eigentümer, sondern nur noch die Nießbraucher der Wohnung waren und über die Vollmacht zur Klageerhebung verfügten. Das Amtsgericht wies die Klage ab, weil sie unbegründet sei. Die Kläger hätten ihre Vollmacht nicht rechtzeitig vorgelegt. Dagegen zogen die Nießbraucher bis vor den Bundesgerichtshof (BGH), verloren aber in jeder Instanz.

Vollmacht nicht fristgerecht vorgelegt: Klage unbegründet

Der BGH stellte klar: Die Klage war zwar zulässig, aber unbegründet. Zulässig deshalb, weil die Eltern als Nießbraucher aufgrund ihrer Vollmacht im Namen ihrer Tochter – der Eigentümerin –klagen durften. Unzulässig aber insofern, als dass sie die Vollmacht nicht innerhalb eines Monats gegenüber dem Gericht offengelegt hatten. Die Bundesrichter stellten fest, dass Nießbraucher grundsätzlich keine Anfechtungsklage gegen einen Beschluss der Eigentümer erheben dürfen.

Nur eine Vollmacht erlaubt ihnen das – diese muss dann aber auch innerhalb der einmonatigen Klagefrist nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) objektiv vorliegen und offengelegt oder offensichtlich sein. Auch eine Offenlegung der Vollmacht innerhalb der zweimonatigen Frist zur Begründung der Klage ist nicht ausreichend. Im vorliegenden Fall scheiterte der Anfechtungsversuch der Nießbraucher also nur an einer kleinen Formalie.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

zurück zum News-Archiv